Provider: Moravian Museum, Brno, Czech Republic TY - JOUR JO - Anthropologie (Brno) TI - Klinische Anthropologie und Kieferorthopädie: gemeinsame Probleme und Interessen AU - Andrik P Y1 - 1986 VL - 24 IS - 2-3 PB - Moravian Museum, Brno, Czech Republic SN - 0323-1119 SP - 105 EP - 109 KW - N2 - N2 - Zwischen der klinischen Anthropologie und der Kieferorthopädie (Orthodontie) bestehen mannigfaltige Beziehungen so theoretischer als auch praktischer Art. Sie betreffen in erster Reihe den Evolutionstrend der Bißanomalien und ihr unterschiedliches Vorkommen bei den Angehörigen verschiedener Menschenrassen und Populationen. Am Vorkommen der Bißanomalien sind nämlich auch weitgehende Veränderungen und unterschiedliche Körpermerkmale der jeweiligen Population beteiligt, wobei hauptsächlich ihr Schädel- und Gesichtstyp von Bedeutung sind. Die Evolution ist durch Veränderungen der morphologischen als auch der biologischen Merkmale und mit ihrer zunehmenden Variabilität verbunden. Es kann angenommen werden, daß diese Umstände wesentlich von der Lebensweise, den Lebensbedingungen und von verschiedenen Zivilisationsfaktoren beeinflusst werden. Manche namhafte Autoren vertreten die Auffassung, daß diese Faktoren, insbesondere die verminderte Kautätigkeit den phylogenetischen Trend beschleunigen, der sich in einer allmählichen Reduktion der Gesichtsstrukturen, sowie in der Aufrichtung der Profillinie äußert. Diese Vorgänge und Zusammenhänge scheinen sich besonders in der auffälligen Häufigkeitszunahme der Rückbißfälle und der Tiefbisse bei Kulturvölkern zu äußern. In dieser Beziehung sind manche Tierexperimente äußerst aufschlußreich. Gerechtfertigt ist die Annahme, daß die erwähnten Einflüsse auch in der Zukunft zur Geltung kommen werden. Im Sinne dieser Kenntnisse müssen die Bißanomalien dialektisch und nicht dogmatisch betrachtet werden. Eine nicht untergeordnete Bedeutung für die Kieferorthopädie haben auch weitere anthropologische Parameter, wie z. B. die Wachstumsrichtung und Wachstumsintensität des Gesichtes, Veränderungen der Sequenz des Zahndurchbruchs, die Diskrepanz zwischen dem Knochen- und dem Zahnalter, die genetische Unabhängigkeit zwischen manchen Komponenten des Kauorgans und wahrscheinlich eine promptere Reaktibilität des Kauogans auf ungünstige oder schädliche Einflüsse. Die gemeinsamen Probleme der klinischen Anthropologie und der Kieferorthopädie sind also vielseitig und tiefgreifend. Eine komplexe, naturwissenschaftlich konzipierte Betrachtungsweise gewährleistet ein besseres Verständnis mancher alltäglicher kieferorthopädischer Probleme. In den geschilderten Gesichtspunkten liegt die wesentliche Bedeutung der klinischen Anthropologie für die theoretische und praktische Kieferorthopädie. Es steht außer Zweifel, daß eine weitere wissenschaftliche Zusammenarbeit und Austausch von Forschungsergebnissen zum Fortschritt beider Wissensgebiete wesentlich beitragen kann ER -